Rundgang: Kreative Unwissenheit und Geschichten aus der Fabrik

Unvoreingenommen sind 13 Kinder und Jugendliche durch die Papierfabrik gelaufen und haben sich die Räume, Maschinen und Artefakte angeschaut. Die Besonderheit dabei war, dass es keine Vorinformationen gab, sondern alles durch Sehen, Tasten und die eigene Fantasie erfunden werden konnte. Geschichten wurden ausgedacht und interessante Beobachtungen gemacht. Ausgestattet mit einem Aufnahmegerät in Form eines Mikrofons konnten die Kinder ihre Einfälle aufnehmen. Diese dienen dem Verein für eine Entwicklung von Ideen für weiter Vermittlungskonzepte. Am Ende wurden alle Fragen aufgelöst, Geschichten der Papierproduktionsprozesse und über das Arbeiterleben wurden von Zeitzeugen erzählt. Am Ende wurde das Wissen durch gemeinsames Papierschöpfen praktisch nachvollzogen.

Die Plattform kulturelle Bildung hat uns dieses Jahr die Realisierung von dem Projekt #Wir_sind_ein_museum ermöglicht.

Papierschöpfen

Nach dem Rundgang und Zeitzeugeninterview wurde das erlangte Wissen durch gemeinsames Papierschöpfen praktisch nachvollzogen. Durch Covid-19 haben wir das Papierschöpfen in zwei Gruppen räumlich aufgeteilt. Die Herstellungsschritte der Papiermacherei wurden bei der praktischen Arbeit in Erinnerung gerufen, zu allen analogen Schritten wurde die industrielle Papierherstellung der Papierproduktionslinie in Verbindung gezogen und nachgeahmt.

Für die Durchführung wurde zu einem Teil vorbereiteter Papierbrei aus zerkleinerten Grundstoffen wie: Altpapier, Zelluloseplatten (Papierschöffset) zur Verfügung gestellt. So konnte der Papierherstellungsprozess veranschaulicht werden. Anschließend wurde mit weiteren Papierbreikreationen aus unterschiedlichen Zuschlägen von Pflanzen, Glitzer, Konfetti in unterschiedlichen Wasser-Stoff-Verhältnissen experimentiert.

Erst wurden die Rohstoffe händisch grob zerkleinert, dann mit Mixstab fein zerkleinert, um in Wannen aufzuquellen. Zum Papiermachen konnten unterschiedlich große Siebe benutzt werden.

Die Kinder waren sehr fokussiert und mit großer Begeisterung im Prozess. Das individuelle Gestalten der Papiere und die weiteren Möglichkeiten der Verarbeitung regten die Fantasie an für aufbauende weitere Möglichkeiten des Experimentierens.

Jedes Kind nahm stolz eigen Papiere mit nach Hause und stellten diese ihren Eltern bei der Abholung vor.

Dieses Format funktioniert für alle Altersgruppen in einem Workshop. Der Prozess ist sogar für Kindergartenkinder gut machbar. Das Tolle am Papierschöpfen ist:

  • dass jeder in seiner Geschwindigkeit arbeiten kann
  • kein Leistungs- oder Ergebnisdruck vorhanden ist, somit wenig Raum für Be - und Abwertungen entsteht
  • dass jeder seinen individuellen Weg gehen kann
  • unendliche Experimentmöglichkeiten und Resultate
  • die haptische Erfahrung und thematische Expertise
  • dass es zu Hause nachgemacht werden kann

AG Altdeutsche Handschriften

Die Gründung einer AG Historische Handschriften soll das Lesen und Schreiben der Schrift vermitteln und das Entziffern alter Dokumente ermöglichen. So machten sich Menschen (zwischen sechs und neun Personen) verschiedener Generationen an das Erlernen. Hohenofener, Groderschauer, Lohmer, Neustädter und sogar Potsdamer nahmen an dem Kursformat teil. Ein fester Kern bildete sich heraus. Ziel des Kurses ist eine dauerhafte AG herauszubilden, die den Verein und andere Museen bei der Übersetzung alter Schriften unterstützen kann.

Die Kurse waren reichhaltig an historischen, und handwerklichen Grundlagenwissen des Lesens. Das Auge musste geschult werden, auch der Köpf musste eine Art Umprogrammierung durchmachen. Aber man Ende kannte man die Feinheiten und Unterschiede zwischen Sütterlin und Kurrentschrift. Folgende Kurse waren ganz auf die Schreibkunst ausgerichtet, die verschiedenen Schreibwerkzeuge zu den Schriften wurden nahegelegt. So begannen die Teilnehmer*innen erst mit Bleistift dann mit Feder zu schreiben.

Es kamen auch Menschen mit alten Dokumenten, Briefen mit der Bitte eine Übersetzung dieser zu bekommen. Die Leiterin der Kurse nahm sich am Ende Zeit und übersetzte diese mit den Schüler*innen zusammen. So wurde es des Öfteren auch mal sehr emotional und rührselig zumute. Ganz engagierte und fleißige Personen bekamen den Zugang zu der hauseigenen Datenbank des Vereins, um die Übersetzung alter Dokumente voranzubringen.

Der Verein der PPH würde dieses Format sehr gerne weiter durchführen und wird sich weitere Gedanken um die Realisierung machen.

Restaurierung am Objekt erklärt und Geschichten aus der Fabrik mit Jonas Ludwig Walter

Zum Fachtag Industriekultur konnte das Programm durch die Förderung der Plattform kulturelle Bildung bereichert werden. Der Restaurator Florian Pohlmann teilte in einem Rundgang sein umfangreiches Wissen über die Papierfabrik und erläuterte die Herangehensweise an die Konzeption einer Restaurierung im Umgang mit Kulturgut. Teilnehmende Zeitzeugen wurden miteinbezogen und erzählten ihre Sichtweisen, teilten Erinnerungen und technisches Wissen. Im Format Geschichten aus der Fabrik, welches sich auf die Geschichten der Zeitzeuginnen konzentriert, bekam der Fotograf Jonas L. Walter die Möglichkeit seine Geschichte mit der Papierfabrik Hohenofen wieder neu zu beleben. Vor gut 10 Jahren machte sich der junge Fotograf im Rahmen seines Studiums auf eine Reise in die Ost Prignitz nach Hohenofen, um die Geschichte und Gesichter der Patent-Papierfabrik Hohenofen zu dokumentieren. Sein Interesse galt den Menschen die in dieser Papierfabrik gearbeitet haben, ihren persönlichen Geschichten und ihren Wegen nach der Schließung des Werks Hohenofen. Es entstanden 39 Porträts von Menschen, die hier einstmals Lohn und Brot gefunden hatten. Leider konnten damals nicht alle Bewohner*innen die Ausstellung erleben. Nun bat sich die Möglichkeit, die Porträts wiederzusehen und die dazugehörigen Geschichten erzählt zu bekommen. Der junge Fotograf zeigte seine Bilder auf digitalem Weg und die Zeitzeugen stimmten mit ihren Erzählungen mit ein.

Bewohner*innen Hohenofens, alte Beschäftigte des VEB und Expert*innen der Industriekultur kamen gemeinsam ins Gespräch und informativen Austausch. Neue noch unbekannte Gesichter, die in der PPH gearbeitet haben trafen, sich nach vielen Jahren wieder, der Kontakt hergestellt. Auch gab es Besuch aus der Mutterfirma Neu Kaliß, Ingrid Radtke die technische Bauzeichnerin aus dem VEB kam angereist, um sich das Programm nicht entgehen zu lassen. Sie teilte ihr Wissen als Zeitzeugin mit den Beteiligten.

Begleitet wurde das Geschehen von einem Kameramann für die Dokumentation und weitere Konzeption im Bereich der Musealisierung.

Die Plattform Kulturelle Bildung Brandenburg und die Regionalbüros Kulturelle Bildung sind Projekte der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gemeinnützige GmbH, Kulturland Brandenburg.

Die Plattform Kulturelle Bildung Brandenburg wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und die Regionalbüros Kulturelle Bildung werden durch das Land Brandenburg (MWFK) und die Stiftung Mercator gefördert.